Kreativ umgenutzt: Kinderkrippe

Eine Kinderkrippe in einem ansonsten ungenutzten Pfarrhaus – das tönt verlockend. Oder?

Angelika Steiner

Angelika Steiner ist Pfarrerin in Zürich Leimbach, Kirchenkreis 2, welcher dieses Experiment gewagt hat. Denen, die sich für Krippen interessieren, gibt sie mit auf den Weg:

«Ah – Sie spielen mit dem Gedanken einer Kinderkrippe. Ist das denn der Bedarf Ihrer Gemeinde? Nehmen Sie es mir nicht übel, dass ich nachhake. Denn mir kommen auch andere in den Sinn, die immer wieder Räume suchen: Behindertenverbände, Schulen, Horte, Mittagstische, Frauenhäuser, Organisationen für die Wiedereingliederung von Strafgefangenen, Vereine im Quartier … – es lohnt sich, Ihre Gemeinde zu fragen, was sie braucht. Vielleicht auch gemeinsam mit der politischen Gemeinde.

In Leimbach haben wir das dazumal so gemacht. Vor 12 Jahren. Der Quartiersverein hatte eine Zukunftswerkstatt initiiert. Zwar sind wir ein Stadtteil von Zürich, aber noch mit dörflichen Strukturen. Viele, die sich in Projekten und Organisationen engagieren, kennen einander. So waren wir von der Kirche auch mit dabei. Aus der Zukunftswerkstatt sind verschiedene Ideen realisiert worden, beispielsweise ein Wochenmarkt. Und eben die Kinderkrippe im ehemaligen Pfarrhaus. Ich habe mich dafür eingesetzt, den Trägerverein mitgegründet und war im Vorstand. Nicht mit der Absicht, eine reformierte Einrichtung aufzubauen. Sondern wir wollten etwas für die Gemeinde tun. Genügend Räume hatten wir. Ein Team von fünf Leuten und das Einverständnis der Kirchenpflege auch. Und viel Enthusiasmus.

Aber um ehrlich mit Ihnen zu sein: Anderes hatten wir weniger: Erfahrung. Das merkten wir z.B. bei gesetzlich geforderten Umbauten, beim Denkmalschutz, bei der Frage der staatlichen Zuschüsse und bei Personalentscheiden. Wir haben die Krippe zum Laufen gebracht. Ab März 2012 bot das Kinderhaus Rütschlibach Betreuungsplätze für 22 Kinder zwischen drei Monaten bis Kindergarten, aufgeteilt in zwei Gruppen. Und die Räume – das grosse 9-Zimmer-Pfarrhaus mit direktem Gartenzugang – von der Kirchgemeinde gemietet. Die Krippe stand jedoch auf wackeligen Beinen. Mitunter reichte die Abmeldung eines Kindes, dass es bei uns finanziell eng wurde. Etwa sieben Jahre haben wir durchgehalten. Dann war die finanzielle Sicherheit  längerfristig nicht mehr gewährleistet, es standen Kinderbetreuungsplätze und Arbeitsplätze auf dem Spiel. Deshalb hat sich der Verein nach einer zukunftsweisenden Lösung gesucht. Er hat sie schliesslich in der Fusion mit einer Organisation gefunden, welche mehrere Krippen führt. Dass das Kinderhaus nun eine professionelle Trägerschaft hat, finde ich gut. Die Geschichte der Kinderkrippe im Leimbacher Pfarrhaus geht also weiter.

Wenn Sie mich fragen, was wir hätten anders machen sollen, ist die Antwort einfach: Holt von Anfang an Profis an Board! Jedoch haben wir viel gelernt: Ideen können wir nur realisieren, wenn sich eine Gruppe von Personen dafür einsetzt. Einzelkämpfer haben es schwer. Vielfach gewinnt ein Projekt dadurch, dass auch Menschen mitmachen, die ansonsten wenig mit Kirche zu tun haben. Sie bringen frischen Wind hinein. Das Quartier sollte den Kontext bilden. Manchmal ist es gut, erst mal mit «kleinen Brötchen» zu beginnen. Was nicht im Widerspruch steht zu meiner grundsätzlichen Überzeugung: Wir sollten mutiger werden, mehr wagen, Geld und Ressourcen in Neues investieren. Ein bisschen mehr Gottvertrauen haben.»

(Gespräch geführt im Juni 2019)